Gastbeitrag
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(20.10. 2023) Dieser Gastbeitrag gibt Einblicke in das Pilotvorhaben zur Kinder- und Jugendbeteiligung am Klimaschutz- und Energiekonzept der Stadt Luckenwalde.

Perspektivenworkshop im Treffpunkt 29 in Luckenwalde Perspektivenworkshop im Treffpunkt 29 in Luckenwalde
Perspektivenworkshop im Treffpunkt 29 in Luckenwalde

Von Liza Ruschin und Peter Mann

Klimawandel, Energiesicherheit und Umweltschutz sind Themen von globaler Bedeutung, die insbesondere die jüngere Generation stark beschäftigen. In der Stadt Luckenwalde wurde ein wegweisendes Pilotvorhaben zur Kinder- und Jugendbeteiligung am Klimaschutz- und Energiekonzept (KEK) ins Leben gerufen, das über ein Jahr dauerte und in sechs Schritten umgesetzt wurde. Dieser Artikel wirft einen Blick auf diesen Prozess, der von einer Steuerungsgruppe begleitet wurde und zu vier beteiligungsrelevanten Maßnahmen geführt hat, um die Zukunft der Stadt nachhaltiger zu gestalten.

Die ersten Schritte im Rahmen des Pilotvorhabens zur Kinder- und Jugendbeteiligung dienen der Klärung der Machtfrage. Zur Beantwortung dieser Frage werden so genannte Perspektivenworkshops durchgeführt. Perspektivenworkshops sind strukturierte und partizipative Workshops, die dazu dienen, die Interessen, Anliegen und Mitwirkungsbereiche von Kindern und Jugendlichen sowie die Bereitschaft von Erwachsenen zur Delegation von Verantwortung zu identifizieren.

Im Kontext der Beteiligung von Kindern und Jugendlichen haben Perspektivenworkshops zwei Hauptziele:

  • Herausfinden der Themen, an denen Kinder und Jugendliche teilnehmen, mitreden oder (mit-) entscheiden möchten: In diesen Workshops werden Kinder und Jugendliche eingeladen, ihre Ansichten, Anliegen und Interessen zu äußern. Dies ermöglicht es, die Themen und Bereiche zu identifizieren, die für sie von besonderem Interesse sind und in denen sie aktiv mitwirken möchten.
  • Ermitteln der konkreten Möglichkeiten zur Machtdelegation an Kinder und Jugendliche: In Workshops mit Entscheidungsträgern geht es darum, gemeinsam zu erörtern, an welchen konkreten Stellen oder Maßnahmen in Projekten, Programmen oder der Gemeinschaft die Möglichkeit besteht, Verantwortung und Entscheidungsbefugnis an Kinder und Jugendliche abzugeben. Dies erfordert eine offene Diskussion darüber, wie die Mitwirkung und Mitgestaltung von jungen Menschen in die Praxis umgesetzt werden können.

Zur methodischen Umsetzung der Perspektivenworkshops kommt das Klaviermodell der Beteiligungsintensität nach Adam und Ringler[1] zur Anwendung. Das Klaviermodell ist ein anschauliches Konzept, das die verschiedenen Intensitäten der Beteiligung von jungen Menschen in Entscheidungsprozessen veranschaulicht. Es besteht aus drei zentralen Bereichen:

  • Voraussetzung: Dieser Bereich bildet die Basis des Klaviermodells. Hier geht es um die Informationsbereitstellung und die Schaffung von Rahmenbedingungen, die es den jungen Menschen ermöglichen, überhaupt an Entscheidungsprozessen teilzunehmen. Es umfasst den Zugang zu Informationen, Bildung und die Schaffung einer offenen Kommunikationskultur.
  • Mitsprache: Im mittleren Bereich des Klaviermodells dreht sich alles um die Beteiligung der jungen Menschen an Diskussionen und Planungsprozessen. Hier haben sie die Möglichkeit, ihre Meinungen, Ideen und Bedenken zu äußern und in den Dialog einzubringen. Die Mitsprache ermöglicht es, unterschiedliche Perspektiven in die Entscheidungsfindung einzubeziehen und fördert die Partizipation.
  • Mitbestimmung: In diesem Bereich des Klaviermodells haben junge Menschen die Möglichkeit, tatsächlich Einfluss auf Entscheidungen und Handlungen zu nehmen. Mitbestimmung bedeutet, dass ihre Meinungen und Vorschläge in konkrete Entscheidungen einfließen und sie aktiv an der Gestaltung von Projekten oder Maßnahmen beteiligt sind.

Das Klaviermodell der Beteiligungsintensität verdeutlicht, dass Beteiligung nicht nur aus einer einzigen Ebene besteht, sondern ein breites Spektrum an Möglichkeiten bietet. Je nach Situation und Zielsetzung können verschiedene Grade der Beteiligung angebracht sein. Dieses Modell dient als hilfreiche Orientierung, um die angemessene Form der Partizipation in verschiedenen Kontexten zu bestimmen und sicherzustellen, dass junge Menschen in geeigneter Weise in Entscheidungsprozesse eingebunden werden.

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Abbildung 1: Plakat zum Perspektivenworkshop mit Kindern und Jugendlichen

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Abbildung 2: Schematische Darstellung des Vorgehens

Schritt 1: Der Perspektivenworkshop mit Kindern und Jugendlichen

Der erste Schritt in diesem Pilotvorhaben bestand darin, die Stimmen und Perspektiven der jungen Generation einzubeziehen. In einem Workshop trafen sich Kinder und Jugendliche, um ihre Interessen, Fragen und Ideen in Bezug auf das Klimaschutz- und Energiekonzept zu diskutieren. Dieser Schritt legte den Grundstein für die folgenden Entwicklungen und zeigte deutlich, wie wichtig es ist, die Meinungen der Jüngsten zu berücksichtigen.

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Abbildung 3: Perspektivenworkshop im Treffpunkt 29 in Luckenwalde

Schritt 2: Der Perspektivenworkshop mit der Steuerungsgruppe

In einem weiteren Workshop kam die Steuerungsgruppe zusammen, um zu erörtern, wie Macht und Verantwortung in Bezug auf das Klimaschutz- und Energiekonzept auf die jüngere Generation übertragen werden könnten. Diese ehrliche Diskussion führte zu einem tieferen Verständnis für die Bedürfnisse und Erwartungen der Kinder und Jugendlichen.

Schritt 3: Die Synopse aus beiden Perspektiven

Die Zusammenführung der Ergebnisse aus den Workshops der jungen Generation und der Steuerungsgruppe führte zur Bildung einer Synopse. Das dabei entstehende Gegenüberstellung (siehe Anlage) spiegelte die gemeinsamen Anliegen und Ziele wider und bildete die Grundlage für die weiteren Schritte im Prozess.

Im Ergebnis der Synopse bildeten sich vier beteiligungsrelevante Maßnahmen heraus:

1. Steigerung des Stadtgrüns

2. Bildungsprojekte in Schulen und Kitas zum Umgang mit Ressourcen

3. Aktionstag zum Klimaschutz

4. Budget für nicht-investive Maßnahmen zur Umsetzung des Klimaschutzes

Nach Rücksprache mit der Steuerungsgruppe wurden für die Konkretisierung der Maßnahmen 2 und 3 Projektwerkstätten in den Schulen durchgeführt werden. Die Maßnahmen 1 und 4 eignen sich aus Sicht der Steuerungsgruppe derzeit nicht, um eine weiterführende Kinder- und Jugendbeteiligung durchzuführen. Jedoch soll im Rahmen der Umsetzung der bei Maßnahmen aus dem Klimaschutz- und Energiekonzept weitere Beteiligung von Kindern und Jugendlichen stattfinden.

Schritt 4: Projektwerkstätten für die Maßnahmen

Aufbauend auf der Synopse wurden Projektwerkstätten in den Schulen (Grundschulen, Oberschule, Gymnasium und Oberstufenzentrum) durchgeführt, um die beiden beteiligungsrelevanten Maßnahmen „Bildungsprojekte zum Umgang mit Ressourcen“ und „Aktionstag zum Klimaschutz“ zu konkretisieren und auf ihre Umsetzbarkeit zu überprüfen. Hier wurden Ideen entwickelt und Prioritäten gesetzt, um die besten Wege zur Erreichung der Ziele zu finden.

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Abbildung 4: Projektwerkstatt im Friedrich Gymnasium Luckenwalde.

Im Ergebnis der Projektwerkstätten entstanden folgende Vorschläge der Kinder und Jugendlichen:

Bildungsprojekte in Schulen und Kitas zum Umgang mit Ressourcen:

  • Energieverbrauch und –gewinnung
  • Wasser ist wertvoll
  • Klimatheater
  • Schulgarten

Aktionstag zum Klimaschutz:

  • Müllsammelaktionen
  • Bau von Insektenhotels
  • Waldschutz und –rettung (Pflanzaktion)
  • Schnippeldisko
  • Podiumsdiskussion für und mit Kindern
  • Solarzellen bauen
  • Nähcafé
  • Reparaturwerkstatt

Schritt 5: Die Befragungen

Um sicherzustellen, dass die Beteiligung der Kinder und Jugendlichen umfassend und repräsentativ ist, wurden zwei Arten von Befragungen durchgeführt: Einer der Fragebögen wurde kindgerecht formuliert, so dass Kinder auch die Ausdrucksform der Zeichnung nutzen konnten. Zudem gab es eine jugendgerechte Befragung. Diese Befragungen gaben den jungen Menschen die Möglichkeit, ihre Meinungen und Wünsche altersgerecht in Bezug auf den Klimaschutz und die Energiepolitik der Stadt auszudrücken.

Schritt 6: Die Aufnahme in das finale Konzept

Die Ergebnisse dieser intensiven Beteiligungsphase, die fast ein Jahr dauerte, wurde in das finale Klimaschutz- und Energiekonzept der Stadt Luckenwalde aufgenommen. Dies markiert einen bedeutenden Schritt in Richtung einer nachhaltigeren Zukunft, in der die jüngere Generation eine entscheidende Rolle bei der Gestaltung der Umwelt- und Klimapolitik spielt.

Die Steuerungsgruppe

Die Steuerungsgruppe, die diesen Prozess begleitete, bestand aus verschiedenen Schlüsselpersonen, darunter die Bürgermeisterin und ihr Stellvertreter, Vertreter aus der Jugendarbeit, dem politischen Raum, der zuständigen Sachbearbeitung und einer Moderation. Diese Gruppe spielte eine entscheidende Rolle dabei, sicherzustellen, dass die Beteiligung der Kinder und Jugendlichen effektiv umgesetzt wurde.

Umsetzung

Das Umweltbudget, das durch die Stadtverordnetenversammlung beschlossen und als Förderrichtlinie bis zum 31. Dezember 2024 aufgelegt wurde, stellt einen wichtigen Schritt in der Kinder- und Jugendbeteiligung am Klimaschutz- und Energiekonzept in Luckenwalde dar. Mit einem Budget von 10.000 Euro stehen den jungen Menschen der Stadt nun konkrete finanzielle Ressourcen zur Verfügung, um ihre Ideen und Projekte zur nachhaltigen Entwicklung in Luckenwalde umzusetzen. Dies ist nicht nur ein Zeichen des Vertrauens in die Kreativität und das Engagement der Kinder und Jugendlichen, sondern auch ein starkes Signal dafür, dass ihre Stimmen und Visionen in der Gemeinschaft ernst genommen werden. Die Stadt Luckenwalde ermutigt somit aktiv junge Menschen, aktiv am Umweltschutz teilzunehmen und trägt dazu bei, eine nachhaltige Zukunft für alle Bürgerinnen und Bürger zu gestalten.

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Abbildung 5: Perspektivenworkshop mit Kindern und Jugendlichen im Treffpunkt 29 in Luckenwalde.

Fazit

Das Pilotvorhaben zur Kinder- und Jugendbeteiligung am Klimaschutz- und Energiekonzept der Stadt Luckenwalde ist ein inspirierendes Beispiel dafür, wie junge Menschen in die Gestaltung ihrer eigenen Zukunft einbezogen werden können. Durch die Schaffung eines partizipativen Prozesses konnte die Stadt nicht nur wichtige Maßnahmen für den Klimaschutz entwickeln, sondern auch das Bewusstsein für Umweltthemen in der jüngeren Generation stärken. Dieser Ansatz zeigt, dass die Zukunft nachhaltig gestaltet werden kann, wenn alle Generationen zusammenarbeiten und die Visionen der jüngsten Mitglieder der Gemeinschaft respektiert und gefördert werden. Die Stadt Luckenwalde setzt hiermit ein beeindruckendes Beispiel für andere Kommunen, die sich für die Beteiligung ihrer jungen Bürgerinnen und Bürger am Umweltschutz einsetzen möchten.

Die Erstveröffentlichung des Artikels erfolgte auf www.kijubb.de

Zu den Autor*innen

Liza Ruschin ist Amtsleiterin für Bildung und Jugend in der Stadtverwaltung Luckenwalde. Kontakt: bildung(at)luckenwalde.de

Peter Mann ist Amtsleiter für Stadtplanung und ständiger Vertreter der Bürgermeisterin in der Stadtverwaltung Luckenwalde. Kontakt: bauplanung(at)luckenwalde.de

Luckenwalde ist eine brandenburgische Stadt im Landkreis Teltow-Fläming mit circa 21.300 Einwohnerinnen und Einwohnern.

Das Urheberrecht für alle Bilder liegt bei der Stadt Luckenwalde. 

 

[1] Adam, Steffen / Ringler, Dominik (2021): Das Klaviermodell der Beteiligungsintensität, online verfügbar unter: https://kurzelinks.de/bulb