Wissen
Home > Eigenständige JugendpolitikSozialstudie: Jugendliche machtlos und unzufrieden

(04.07.2024) Die Universität Bielefeld hat im Auftrag der Bepanthen-Kinderförderung eine Sozialstudie zum Thema Gerechtigkeit bei Kindern und Jugendlichen durchgeführt. Über 75 Prozent der befragten Jugendlichen glauben, keinen Einfluss auf die Politik zu haben.

Mann sitzt vor Laptop Mann sitzt vor Laptop
Foto: T. Gouw via pexels.com

"Ist Deutschland gerecht?", "Ist die Welt gerecht?", "Was bedeutet eine gerechte Gesellschaft?" Diese und weitere Fragen wurden im Rahmen der Sozialstudie 2023/24 zum Thema Gerechtigkeit, die im Auftrag der Bepanthen-Kinderförderung von der Universität Bielefeld durchgeführt wurde, von Kindern und Jugendlichen beantwortet. An der Studie haben insgesamt 1.230 Kinder (6 bis 11 Jahre) und Jugendlichen (12 bis 16 Jahre) teilgenommen.

Jugendliche fühlen sich machtlos und unbeachtet

Ein zentrales Ergebnis der Befragung ist, dass die deutliche Mehrheit der Jugendlichen (78 Prozent) erlebt keinen Einfluss darauf zu haben, was die Regierung macht. 72 Prozent der Jugendlichen sind davon überzeugt, dass sich Politiker*innen in Deutschland nicht viel darum kümmern, was Jugendliche denken. Mehr als die Hälfte (57 Prozent) spricht ihnen sogar das Bemühen ab, die wichtigsten Probleme unserer Gesellschaft lösen zu wollen.

"Besonders überraschend ist, dass die Kinder und Jugendlichen ein differenziertes Bild davon haben, wie eine gerechte Gesellschaft aussieht, diese Komponenten in ihrer Lebensrealität aber gar nicht unbedingt wahrnehmen," sagt Studienleiter Prof. Dr. Holger Ziegler von der Universität Bielefeld, und fügt hinzu: "Obwohl sie sich von der Gesellschaft und der Politik nicht genug gesehen fühlen, machen sie sich trotzdem auch Sorgen um andere Bevölkerungsgruppen, wie zum Beispiel Rentnerinnen und Rentner."

Die wichtigsten Ergebnisse stehen mit folgenden Themen in Verbindung: Förderung von Bildung, Inklusion, Herstellung von Chancengleichheit, Hilfe und Unterstützung für Alte und Arme. Erschreckend sei, dass die Jugendlichen diese Aspekte in der Praxis wenig abgebildet sehen. In ihrer Wahrnehmung würden sie sich von der Politik ungesehen und ungehört fühlen.

Kinder und Jugendliche aus Familien mit einem niedrigen sozioökonomischen Status gaben an, dass sie in ihrem Leben deutlich mehr Ungerechtigkeit erleben würden als solche mit einem höheren Status. 37 Prozent der Jugendlichen aus Haushalten mit niedrigem sozioökonomischem Status empfänden Ungerechtigkeit als die Norm in ihrem Leben, während sich diese Zahl bei denen mit hohem Status halbiere (18 Prozent).

Jugendliche fern vom Ego – besondere Sorge um Ältere

Die vorliegende Studie zeigt, dass 65 Prozent der Jugendlichen empfinden, dass für Rentner*innen zu wenig getan werde. Die Vorurteile gegenüber der jungen Generation, diese würde sich nur für sich selbst interessieren, könnten in der Studie keinesfalls bestätigt werden. Das scheine zunächst überraschend, aber das unfaire Etikett des Egoismus für diese Generation sei weitestgehend falsch.

Die anderen Bereiche, die für die Jugendlichen in diesem Zusammenhang besonders wichtig seien, lauten "gleiche Lebensbedingungen" und "Bildung" (beides 62 Prozent), sowie "Arme" und "Gleichverteilung von Vermögen und Einkommen" mit jeweils 61 Prozent. "Umwelt & Klima" landeten mit 50 Prozent auf dem neunten Platz.

Die Studienergebnisse stehen hier zum Download als PDF zur Verfügung.

Quelle: Bayer vom 2. Juli 2024