Vor welchen Herausforderungen junge Menschen heute stehen und wie Gesellschaft und Politik sie unterstützen können, war Thema der wissenschaftlichen Jahrestagung des Deutschen Jugendinstituts (DJI), die am 19. und 20. November 2019 in Berlin unter dem Titel „Jugendwelten – Jugendforschung. Jugendpolitik. Jugendbilder“ stattfand. Etwa 250 Fachleute aus Praxis, Politik und Wissenschaft sowie Interessierte diskutierten in verschiedenen Foren über die Lebenssituationen und -bedingungen von Jugendlichen und jungen Erwachsenen. Den Berliner Abend am Dienstag eröffnete Staatssekretärin Juliane Seifert vom Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend. Anschließend tauschten sich Vertreterinnen und Vertreter der Politik, der Wissenschaft und des Bundesjugendrings bei einer Podiumsdiskussion über das Thema „Jugendpolitik – zwischen Realität und politischer Rhetorik“ aus. Das letzte Wort hatten bei der Jahrestagung schließlich die eingeladenen Jugendlichen und jungen Erwachsenen: Zum Veranstaltungsabschluss am Mittwoch zogen sie ihr Fazit.
„Mit der zunehmenden Individualisierung und den modernen Biografie-Entwürfen ist Jugend zu einem Projekt in Eigenregie der Jugendlichen selbst geworden und hat dabei seine gesellschaftspolitischen, generationsspezifischen Besonderheiten eingebüßt“, kritisierte Institutsdirektor Prof. Dr. Thomas Rauschenbach in seiner Begrüßungsrede am Dienstag. Die wissenschaftliche, fachliche und politische Debatte der vergangenen 20 Jahre sei so stark von der Kindheit geprägt gewesen, dass das Jugendalter als eigenständige Lebensphase fast aus der Wahrnehmung gerückt sei.
Die drei zentralen Herausforderungen des Jugendalters
Rauschenbach plädierte dafür, das Jugendalter künftig inhaltlich statt zeitlich zu beschreiben. Im Wesentlichen gehe es um drei zentrale Herausforderungen: Wie werden junge Menschen durch Bildungsprozesse sozial und beruflich handlungsfähig? Wie erlangen sie soziale, politische und ökonomische Eigenständigkeit? Und wie entwickeln sie ihre eigene Identität, ihre Standpunkte und ihre Urteilskraft? An diese drei Kernherausforderungen des Jugendalters – nämlich Qualifizierung, Selbstpositionierung und Verselbstständigung – schließen sich weitere Fragen an: Wie können manifestierte soziale Ungleichheiten im Jugendalter verringert werden? Wie sieht eine jugendgerechte Gesetzgebung aus? Wie können junge Menschen beispielsweise über digitale Medien stärker an politischen Prozessen beteiligt werden? Was leistet das berufliche Übergangssystem im Hinblick auf die wachsende Erwerbsunsicherheit im Jugendalter? Diesen und anderen Fragen gingen die Referentinnen und Referenten in den insgesamt neun Diskussionsforen der Tagung nach.
Prof. Dr. Wolfgang Schröer, aktuell Vorsitzender des Bundesjugendkuratoriums (BJK), das die Bundesregierung in Querschnittsfragen der Kinder- und Jugendpolitik berät, stellte seinen Eröffnungsvortrag unter den Titel „Jugend ermöglichen“. Der Jugendforscher erinnerte damit an die zentrale Forderung des 15. Kinder- und Jugendberichts, an dem er unter dem Vorsitz des DJI-Direktors Rauschenbach als Sachverständiger mitwirkte. Dabei geht es im Kern darum, wie zu Beginn des 21. Jahrhunderts sozial gerechte Bedingungen für Jugendliche und auch junge Erwachsene geschaffen werden können, die es ihnen ermöglichen, die alterstypischen Herausforderungen eigenständig und erfolgreich zu meistern.
Tagungsrückblick durch junge Menschen
Die sechs engagierten jungen Menschen, die die Jahrestagung begleiteten, waren zuvor noch nie auf einer wissenschaftlichen Tagung. Die geballte Fachkompetenz beeindruckte – jedoch ihr Eindruck: Jugendforschung ist zu häufig noch zu Defizit orientiert. Positive Aspekte, die sich beispielsweise in der Art und Weise zeigen, wie sie ihre Freizeit gestalten und viele andere Themen kämen noch zu kurz. Sie berichteten auch von den strukturellen Hürden, die sie überwinden müssen, wie Freistellung von Schule oder Studium, um sich ehrenamtlich zu engagieren. Denn nur dann können sie an Veranstaltungen wie dieser teilnehmen. Ein abschließender Wunsch: Die Möglichkeit des Austauschs mit Jugendforscherinnen und -forschern über Instagram.
Quelle: Pressemitteilung des Deutschen Jugendinstituts
Weitere Informationen unter http://www.dji.de