Erstmalig wurden junge Menschen mit geistigen Behinderungen in Hamburg selbst dazu befragt, wie sie ihre Freizeit gestalten möchten und was sie sich von Angeboten der Kinder- und Jugendarbeit wünschen. Die Befragung wurde in 2022 unter der Leitung von Prof. Dr. Gunda Voigts am Department Soziale Arbeit der HAW Hamburg im Rahmen des Projektes „Mit den Augen von Jugendlichen – Was braucht inklusive Jugendarbeit?“ durchgeführt. Am 24. Mai 2023 wurden die Ergebnisse der Befragung auf einem Fachtag von der HAW Hamburg und der Sozialbehörde der Freien und Hansestadt Hamburg der Öffentlichkeit vorgestellt. Dazu wurden die Ergebnisse mit exemplarischen Aussagen der Jugendlichen verbunden:
- „Ich hätte in meiner Freizeit gerne mehr junge Leute um mich“: Jugendliche mit geistigen Behinderungen wünschen sich mehr Peer-Kontakte.
- „Es ist hier nie langweilig. Hier ist immer was los.“: Die Nutzung von Angeboten der Kinder- und Jugendarbeit bereichere das Leben von jungen Menschen mit geistigen Behinderungen, denn hier fänden sie interessante Bildungsangebote und Integrationspotenziale.
- „Wenn schwierige Wörter kommen, da bräuchte ich ein bisschen Hilfe“: Individuelle Unterstützung bei spezifischen Bedarfen in Angeboten und niedrigschwellig Zugänge in die Kinder- und Jugendarbeit seien für die befragten Jugendlichen wichtig.
- „Ich werde hingebracht von Mama“: Fehlende eigenständige Mobilität sei gerade für junge Menschen mit geistigen Behinderungen ein Zugangshindernis zu Angeboten der Kinder- und Jugendarbeit. Zugleich seien ihre Eltern oder familiären Netzwerke wichtige Öffner bei der Überwindung dieser Barriere.
- „Ja, ich darf ganz allein gehen“: Die Nutzung von Angeboten der Kinder- und Jugendarbeit ermögliche jungen Menschen mit geistigen Behinderungen Selbstbestimmung und die jugendspezifische Ablösung von ihrem Zuhause.
- „Dann sprechen wir über WhatsApp ab, wo wir uns treffen“: Digitale Medien seien für diese Zielgruppe von Kinder- und Jugendarbeit ein wichtiger Schlüssel zur Peer-Kommunikation, da sie Teilhabe ermöglichen.
- „Meine Eltern haben mich mal da angemeldet“: Die Bedeutung der Haltung von Eltern zu den Angeboten der Kinder- und Jugendarbeit sei für Zugänge gerade bei jungen Menschen mit Behinderungen entscheidend.
Durchführung der Studie
Die Forscher*innen der HAW Hamburg führten qualitative Interviews mit insgesamt 18 jungen Menschen zwischen 12 und 19 Jahren durch. Folgende Fragen standen im Vordergrund: Was ist jungen Menschen mit geistigen Behinderungen für ihre Freizeit wichtig? Wie nutzen sie Angebote der Kinder- und Jugendarbeit wie beispielsweise Jugendzentren oder Jugendverbände? Was möchten sie dort erleben und was wünschen sie sich an weiteren Angeboten? Neben den Interviews wurden zudem Expert*innen-Interviews mit Fachkräften der Behindertenhilfe und der Kinder- und Jugendarbeit geführt sowie gemeinsame Workshops durchgeführt. Das Projekt, das noch bis Ende 2023 läuft, möchte Handlungsempfehlungen aussprechen und die Ergebnisse in Form eines Buches darstellen.
„Gemeinschaft, Verantwortungsübernahme, Bildung und Integration sind zentrale Potenziale von Kinder- und Jugendarbeit, wie sie in Jugendzentren und Jugendverbänden erfahren werden können. Jugendliche mit geistigen Behinderungen eine stärkere Teilhabe an der Vielfalt der Angebote zu ermöglichen, ist das Ziel unserer Forschung und ein Meilenstein auf dem Weg zu einer inklusiven Kinder- und Jugendarbeit, die gesetzlich wie menschenrechtlich vorgeschrieben ist“, so Prof. Gunda Voigts, Forschungsleiterin der Studie am Department Soziale Arbeit.
Die Ergebnisse und weitere Informationen zum Forschungsprojekt finden sich auf diesem Padlet.
Quelle: HAW Hamburg vom 17.05.2023